Sustlihütte
16. Juni 2012
Für das Wochenende hatten wir abgemacht - wir wollten die Sustenpass Tour mit dem Mountainbike fahren. Denn der Sustenpass hat ja noch Wintersperre.
Wäre eigentlich eine tolle Bike Tour so ganz ohne Verkehr den Sustenpass hochschaukeln.
Aber es wollte einfach nicht sein.
Am Freitag, ein Tag vor dem Wochenende entschloss sich der Kanton Uri - für mich gänzlich unmotiviert - den Sustenpass doch früher (nämlich am Samstag) zu öffnen...
Nochmals Rücksprache mit arminfle - UND OK. - Es soll trotzdem der Sustenpass werden. So schlimm wird es dann doch nicht sein...
Aber was wir dann am Sustenpass antrafen war richtiggehend Horror mässig und abschreckend.
Gefühlt waren heute alle Töfffahrer der Schweiz am Sustenpass unterwegs. Vorneweg natürlich die üblichen Möchtegern-Motorrad-Rennfahrer, die mit den Knien am Boden wetzend um die Kurve driftend uns entgegen kommen, und dies natürlich meist halb auf der Gegenfahrbahn. Zudem waren heute am Sustenpass auch alle diejenigen Motorradfahrer unterwegs, die nur noch Scheintot am Gaspedal drehen können. Aber Gasgeben können diese dafür um so kräftiger. Nur um der ganzen Welt zu zeigen dass man damit Krach und Gestank erzeugen kann. Natürlich waren die Töff Schalldämpfer öfters angebohrt, oder noch besser, die Schalldämpfer waren gar nicht mehr vorhanden. Als imaginäre Trophäe winkt all den Motofreaks, dass man den Sustenpass am ersten Tag der Passöffnung bezwungen hat...
Dazu noch einige Autokriminelle die Ihren hochglanz polierten PS Untersatz mal ausführen mussten.
So jetzt habe ich genug gelästert - Aber dazu später mehr.
Wir starteten in Wassen. Schon hier unten enormer Verkehr, Gestank und Lärm bis wir direkt ob Wassen auf die einsame alte Sustenpass Strasse wechselten.
Gemütlich aber steil zieht der alte Säumer Naturweg oberhalb von Göschenen in einigen Spitzkehren hoch. Oberhalb Meienschanz wird es dann etwas flacher. Hier müssen wir dann schon die erste Lawine meistern. Eindrücklich diese Lawinenreste - ein riesiger Hohlraum unter der Lawine welches als Schneebrücke über dem Bachlauf ganze Biker verschlingen kann...
Dann geht der Weg wieder steiler hinauf zum Weiler Husen, wo es wieder gut fühlbar mehr einschenkt zum Treten.
Dann zwischen Husen und Meien Dörfli wurden wir vor ein fast unlösbares Problem gestellt. Plötzlich war die alte Sustenstrasse weg. Sie existierte einfach nicht mehr... Wir standen vor einem Laui-Tobel ohne Brücke. Die Brücke war wegen der mutmasslichen Zerstörung durch Lawinen im Winter vorgängig abgebaut worden. Nicht umsonst - Die Reste der Lawine rundum zeigen die brachiale Gewalt vom letzten harten Winter. Die Brücke war schön säuberlich am Wegrand aufgestapelt. Genauso liebe ich Brücken :(
Also ins Tobel runter balancieren, den Bach überqueren, und auf der anderen Seite wieder hoch kraxeln. Wenn man gemeinsam das Bike weiterreicht, geht auch diese Bachquerung einigermassen gut.
Dann beim Dörfli Meien ein längeres Gespräch mit einigen "Ureinwohnern vom Meiental". Sehr interessant - und vor allen lässt es tief in deren Urner Bergbauern Seele blicken.
Von Meien bis Färnigen säumen dann herrlichste alpine Blumenwiesen, welche voll im Saft sind, unseren Weg.
Oberhalb von Färnigen ein unerwarteter Blitzstopp. Plötzlich hat das Hungergefühl radikal angeklopft. Deshalb müssen wir abrupt Pause machen, auch wenn es mitten auf der Fahrbahn ist. Zum Glück hält sich der Verkehr heute in starken Grenzen... Will heissen, wir waren heute "mutterseelenalleine" unterwegs.
Fressen und Saufen und über die Welt lästern - Oohh, wie ist so eine gemütliche Biketour herrlich.
Dann noch ein kleines Verdauungs Nickerchen mitten auf dem alten Sustenweg - Was tut man nicht alles für die Schönheit ;)
Irgendwann ist auch die alte Schönheit wieder hergestellt und es geht weiter hinauf zur Alp Hinterfeld.
Das lange Flachstück auf der Alp Hinterfeld ist dann gefühlt irgendwie doch sehr kurz.
Es folgt die Notstrasse welche hinauf zur Sustenpassstrasse führt. Auch hier hat der strenge Winter einige Spuren hinterlassen. Aber dieser Abschnitt geht eigentlich recht gut. Kurz unter der Sustenstrasse machen wir einen kleinen Stopp. Der Lärm und Gestank an der Strasse oben ist gewaltig. Nichts für feinfühlige Mountainbike Ohren und Nasen.
Es keimt der tollkühne Gedanke den Sustenpass heute kampflos den Töff Freaks zu überlassen.
Wir fahren noch bis Chli Sustli zum Sustenbrüggli. Beim Sustenbrüggli werden dann Nägel mit Köpfen gemacht.
Die Mountainbikes werden hinter grossen Steinblöcken deponiert und abgeschlossen.
Es ruft ein neues Ziel. Es soll die Sustlihütte vom SAC werden. Die Sustlihütte thront wie ein Adlerhorst hoch über das Meiental.
Die Aufstiegslinie ist auch schnell gewählt. Der Leiterliweg zur Sustenhütte ist der Sonne zugewandt und für uns idealer weise fast schneefrei.
Der Normale Hüttenanstieg entlang vom Sustlibach ist mit ca. 90 Prozent Schneeanteil keine Alternative heute.
Was jetzt folgt ist deshalb der spektakuläre Leiterliweg. Überaus luftig und in der Vertikalen geht's 350 Höhenmeter bergauf.
Wie es der Name Leiterliweg sagt, hat der Aufstieg einige fix montierte senkrechte Stahlleitern und ist dadurch aber gut machbar.
Der ganze Hütten-Aufstieg hat heute genau noch vier kurze Schneefelder, welche aber kompakt und gut begehbar sind.
Nach ca. 45 Minuten Aufstieg zu Fuss stehen wir schon bei der Sustlihütte (SAC Sektion Rossberg) oben.
Genial. Denn wir haben die Töff Freaks überlistet und äusserst elegant besiegt. Schon allein das ist der kräftige Handschlag beim Hüttenziel wert!
Phänomenaler Tiefblick ins Meiental ist unser Lohn. Der gleich hoch gelegene Sustenpass blinzelt leicht verstimmt zu uns herüber. ;)
Die überaus nette Hüttenwartin ist uns ein sehr guter Gastgeber.
Noch eine kleine Anmerkung: Wer mit dem ehrgeizigen Gedanken spielt das Mountainbike hoch zur Sustlihütte zu tragen, wird nicht in die Analen eingehen. Denn das wurde schon mal gemacht. Es winkt also nur der erste Verliererplatz...
Da hat sich früher schon jemand den Scherz erlaubt und den "Göppel" hoch getragen...
Die zu erwartende eher unfahrbare Bike-Abfahrt zementiert danach noch das Verlierer Image!
Übrigens, wer's liebt - Der massive Steinbrunnen vor der Sustlihütte soll angeblich ganz nett fürs Kneipen sein. Das Wasser ist jedenfalls eisig Kalt...
Irgendwann können wir uns bei der Sustlihütte oben wieder losreissen. Wir müssen weiter ...
Wegen dem vielen Schnee auf dem normalen Hüttenweg, geht der Rückweg wieder über den Leiterliweg hinunter nach Chli Sustli. Wiederum ein toller Abstieg - wir geniessen es nochmals.
Unten beim Stustenbrüggli entschliessen wir uns die Abfahrt auf der normalen Susten Passstrasse zu fahren.
Der Verkehr hat jetzt gegen Abend auch merklich nachgelassen.
Und ja, was ich noch sagen wollte:
"So runterfräsen wie die Töffs macht riesig Spass." :)
cu RedOrbiter
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