Tagestour L’Auta Chia-Gros Mont-Col de la Forcla und Euschelspass
Eine lohnenswerte Tour auf mehrheitlich befestigten Flur-Strässchen, ohne spezielle Anforderung an die Fahrtechnik. Eine gute Kondition lässt die Tour mit ihren schönen Rundsichten auf verschiedenste Freiburger Gipfel zu einem Vergnügen werden.
Der Altweiber-Sommer, welcher für die Woche 37/2009 vorhergesagt wurde, liess den Entschluss reifen, die seit einiger Zeit geplante Tour im freiburgisch/waadtländisch/bernischen Grenzgebiet anzugehen. Zudem hatte ich in Ernst Schüpbach einen Partner gefunden der mich begleiten wollte. Der 09. 09. 09 war der Tag, let’s do it now!
Ausgangsort zu dieser Tour ist Plaffeien. Zunächst fährt man auf der Hauptstrasse nach Plasselb. Bei der grossen Rechtskurve, am Ausgang des Dorfes links abbiegen. Die Strecke verläuft nun entlang der Argera auf einer asphaltierten Flurstrasse in den Plasselbschlund. Über Torryboden (1099m) gelangen wir nach weiteren 3,2 km zur Abzweigung (Pt. 1383, roter Bike-Wegweiser) nach L’Auta Chia. Kurz darauf heisst es runter vom Bike. Rechts hoch folgt die erste Schiebepassage von ca. 10 min. zum Übergang L’Auta Chia (1458m). Belohnt werden wir mit einem wunderbaren Rundblick. Nach einigen Schlucken aus der «Pulle», nehmen wir die Abfahrt auf dem schmalen, befestigten Strässchen, und immer den Moleson vor Augen, in Richtung La Valsainte unter die Räder. Es ist Vorsicht geboten, denn man muss um jede Kurve mit landwirtschaftlichem Gegenverkehr rechnen.
Die Kartause La Valsainte wurde 1295 durch Girard I und Girard II von Corbières gegründet. Die Kartause erhielt zahlreiche Schenkungen durch die Gründerfamilie und kam Ende des 14. Jahrhunderts unter savoyische Herrschaft. Ab 1454 gehörte das Kloster zur Grafschaft Greyerz und wurde bei deren Aufteilung 1553 Freiburg zugesprochen. 1778 wurde La Valsainte mit Billigung des Papstes aufgehoben. Die Güter des Klosters gingen an das Bistum Freiburg. Die Mönche siedelten nach der Aufhebung in die Kartause La Part-Dieu bei Bulle über. Von 1791 bis 1798 wurde das Kloster von Trappisten bewohnt, die wegen der Französischen Revolution aus Frankreich geflohen waren. Von 1818 bis 1824 lebten Redemptoristen in La Valsainte. Anschliessend wurde das Kloster verkauft und komplett zerstört. 1861 erwarben die Kartäuser von La Part-Dieu das Kloster zurück und bauten die Kartause wieder auf. Heute leben 12 Patres und 7 Laienbrüder im Kloster.
Direkt vor dem Kloster folgen wir wieder dem Bike-Wegweiser. Für wenige hundert Meter schluckt uns der Wald. Auf dem Singletrail gelangen wir zum Flüsschen Le Javro (Pt. 965), welches wir auf einem schmalen Steg überqueren. Schon ist die Herrlichkeit vorbei, kurz unterhalb von Les Reposoirs erreichen wir ein geteertes Strässchen welches hinunter nach Les Cernies (Pt. 914) und Charmey führt. Nun geht’s in Richtung Jaunpass. Leider vergällt uns ein Verbotsschild, die Fahrt entlang dem Jaunbach. Also wetzen wir bis Pra Jean auf der Hauptstrasse talaufwärts. Bei Pt. 890m «Pra Jean» biegen wir rechts ab ins grosse Mungtal. Das Strässchen folgt vorerst flach dem wildromantischen Riau du Gros Mont. Bei Pt. 955 queren wir den Bach und die 7 km lange Steigung, mit bis zu 16%, ins Vallée du Gros Mont und auf die Hochebene beginnt.
Mittlerweile fliesst der Schweiss in Strömen, die Kühle des frühen Morgen ist gewichen. Der Wasserfall im oberen Teil der Steigung lockt und verspricht Kühlung. Oben, bei Pt. 1365 angekommen, signalisieren geparkte Autos 1. Fahrverbot und 2. Ende Asphalt. Nun sind die Bike’s wieder in ihrem Element. Vorbei an der Buvette «Le Sori» fahren wir auf einem Natursträsschen dem Riau des Ciernes Picat entlang hinunter zum Weiler Ciernes Picat (1157m). Die Alpsiedlung liegt am Fusse des Vanil Noir. Dieser 2389m hohe Gipfel ist der höchste Berg des Kantons Freiburg. Es ist Mittag, Zeit die Akkus wieder zu laden. Im seit Juli 2009 wieder eröffneten «Grill Vanil» geniessen wir Patricks Gastfreundschaft, und das feine Essen. Nach gut einer Stunde Pause machen wir uns wieder auf den Weg. Bei der Pont des Ciernes Picat (Pt. 1095m) biegen wir links ab in den Wanderweg, und es folgt die zweite kurze Schiebestrecke auf dieser Tour. Kurz oberhalb von Pt. 1123m gelangen wir wiederum auf eine befestigte Flurstrasse. Dieser folgen wir durch die Streusiedlungen La Manche und Les Rayes. In gemächlichem Tempo erklimmen wir wieder Höhe. Immer bedacht den in die Jahre gekommenen «Dieselmotor» (mit Jahrgang 1941), nicht zu überdrehen. Die blühenden Herbstzeitlosen auf den Wiesen sind ein untrügliches Zeichen: Es wird Herbst! Bei Punkt 1626m (Petits Craux) biegen wir rechts ab, vorerst kurz abwärts, um sogleich an der Gegensteigung mit 20% zum Col de la Forcla (1683m) zu gelangen. Wir fahren rechts an der Hütte vorbei ins Vallée de Fenils/Grischbachtal hinab. Der grobschotterige Karrweg ist mit losen Steinen gespickt und fällt relativ steil ab. Die ständige Bremserei geht auf die Handgelenke und die Finger. Der teilweise engen Kehren wegen fahren wir dosiert runter. Bei Pt. 1327m hat die Plackerei ein Ende und wir gelangen auf die Fahrstrasse zum Mittelberg (1632m). Nochmals müssen bis zum Scheitelpunkt gut 300 Höhenmeter überwunden werden. Es folgt nun eine rassige Abfahrt über Abländschen bis Jaun.
Vor dem finalen Aufstieg zum Euschelspass stürme ich die Bäckerei im Ort und wir machen eine letzte, kurze Rast. Dann fahren wir los, packen das letzte Tageshindernis an. Das Sichtfeld verengt sich aufs Vorderrad, es gibt keine Gnade für die Wade. Wenige Meter vor dem Restaurant Ritzli-Alp, habe ich Beine, schwer wie eine Litfassäule. Mein Verstand erklärt mich wieder einmal für verrückt. Der porcus canis interior hat mich überlistet, der Geist wäre willig, aber das Fleisch…
Ich steige ab und gehe die letzten 100 Meter zu Fuss. Die restlichen Höhenmeter bis zum Euschelspass (1567m) werden dann wieder fahrend zurückgelegt. Die Schatten werden schon länger, die Temperatur von 12 Grad Celsius lässt uns kurzerhand in Richtung Schwarzsee abfahren. Es folgt nochmals richtiges Gelände für die Bikes. Die Schotterpiste verlangt noch einmal vollste Aufmerksamkeit. Bald können wir durch die Tannen den Schwarzsee erkennen. Nur noch wenige Kilometer fehlen und wir sind zurück am Ausgangsort Plaffeien.
René Hugi