Diavolezza
Heute hab ich mir eine ganz spezielle Tour vorgenommen. Ich will hinauf auf die Diavolezza. Diavolezza heisst auf Italienisch soviel wie Teufelin. Mal schauen ob die Teufelin bezwungen werden kann.
Ich starte bei der Talstation der Diavolezza Luftseilbahn. Das ist bei der Haltestelle Bernina Diavolezza der Rhätischen Bahn im Oberengadiner Val Bernina. Es ist noch relativ früh. Die ersten Sonnenstrahlen kommen eben erst knapp bis in den Talboden. Zuerst geht's für mich hinauf in Richtung Berninapass. Ich fahre alles auf dem Wanderweg auf gut fahrbaren Trails bis zum Lej Pitschen. Das ist der erste und kleinste der drei Seen auf dem Berninapass. Unmittelbar beim Lej Pitschen biege ich rechts ab und fahre den Wanderweg in Richtung Lej d'Arlas. Diese Strecke im Val d'Arlas kann ich etwa zur Hälfte Fahren und zur Hälfte schieben.
Ab dem Lej d'Arlas heisst es das Mountainbike auf die Schulter nehmen und tragen. Der jetzt folgende Weg führt mich hinauf zum Lej Diavolezza. Dieser Teil vom Aufstieg ist reine Wanderstrecke (Bike tragen). Ich benötige etwa eine Stunde. Das prächtige Panorama übers Berninatal entschädigt beim Aufstieg für die Tragerei. Bei Punkt 2609m, etwas oberhalb vom Lej Diavolezza hab ich mir vorgängig noch die Option gelassen, mich via Schotter Piste weiter hochzuarbeiten. Ich verwerfe jedoch diese Variante da ich dadurch einige Höhenmeter zum See runter müsste. Zudem hab ich mir diese Strecke als Abfahrtsweg ausgesucht. Ich folge deshalb weiter dem Wanderweg in Richtung Corn Diavolezza.
Hier nimmt die Schwierigkeit vom Pfad auch allmählich zu.
Der Wanderweg wird jetzt eher steiler und mit einigen Stufen und Felsblöcken durchsetzt. Ab und zu treffe ich auch schon auf ersten Schneereste. Ein kurzes Flachstück wo ich sogar ein paar Meter runter fahren kann, folgt sofort eine schmale steile Treppepassage. Hier treffe ich auch einige verwunderte Berggänger die von der Diavolezza runter kommen. Die sind begeistert- solch einen "Verrückten" hier oben mit Bike anzutreffen... - man bikt schliesslich selber ja auch ... Einige Nettigkeiten werden so ausgetauscht.
Der Schnee wird immer mehr mein fester Begleiter auf dem Wanderweg. Allerdings empfinde ich den kompakten Schnee auf dem Wanderweg hier als sehr gut machbar. Auch die vereinzelten vereisten Stellen können sehr gut passiert werden.
Dann auf ungefähr 2870 Meter ist dann Schluss. Mein Breakpoint gemäss dem vorgängigen Kartenstudium. Ich entscheide mich hier mein Bike abzulegen und zu deponieren. Ab hier scheint der Aufstieg mit Bike nicht mehr sinnvoll und lohnend. Denn der Schlussanstieg zur Diavolezza ist alles im Nordhang und damit durchgehend mit Schnee und Eis bedeckt. An ein sicheres und kontrolliertes Runterfahren auf dem Wanderweg ist somit nicht mehr zu denken. Ab hier kann ich dann auf dem Rückweg auch problemlos hinüber queren zum Speichersee bei Corn.
Jetzt, ohne Bike auf dem Rücken, fliege ich förmlich den Wanderweg hoch zur Diavolezza. Ist schon enorm was gute 13 Kilo weniger ausmachen. Die letzen paar Meter geht der Weg dann noch kurz auf den Rand vom Gletscher.
Und dann stehe ich oben auf der Diavolezza. Eindrücklich, gewaltig, ... Mir fehlen die richtigen Worte. Nur Superlativen kann ich hier nennen.
Ein wirkliches erschlagendes Panorama empfängt mich hier oben auf 3000 Meter. Jetzt ist auch keine Frage wieso sich die Schinderei hier hoch gelohnt hat. Ich stehe fast mitten im Eisparadies. Ein gewaltiger Gletscherkessel eingegrenzt durch die Gletscherriesen von Berninamassiv. Unmittelbar gegenüber der Piz Palü mit 3901 Meter. Etwas weiter rechts der mit 4049 Meter hohe Piz Bernina, der einzige 4000er Gipfel der Ostalpen. Ich mach auch die obligaten Fotos fürs Album. Hier oben an der Diavolezza mache ich dann auch eine ausgedehnte längere Rast und lasse das einmalige Gletscherpanorama so richtig auf mich einwirken.
Irgendwann später kann ich mich dann losreissen, und ich wandere noch die ca. 500 Meter Wegstrecke hinüber zum Berggasthaus Diavolezza.
Sofort ist es mit der Bergeinsamkeit vorbei. Hier wimmelt es von Touris die mit der Diavolezza Luftseilbahn hoch gekarrt werden. Ich genehmige mir trotzdem einen Drink auf der Sonnenterrasse. Allerdings gehe ich schon bald wieder retour.
Nach 200 Meter weg von der Bergstation der Diavolezzabahn ist der Trubel sofort wieder vorbei.
Hier schaue ich mir auch die Abfahrtspiste über den Gletscher genauer an. Wenn ich gewusst hätte dass diese so gut flach planiert ist, hätte ich das Bike mit hoch genommen. Diese Gletscherabfahrt, obwohl recht steil, sieht nämlich von hier durchaus ohne Probleme mit Bike machbar aus. Sei es drum. Fürs nächste mal weiss ich es...
Dann mache ich mich auf den Abstieg. Ich gehe wieder den gleichen Wanderweg zurück wie ich hochgekommen bin.
Mein Bike finde ich unversehrt an der gleichen Stelle wieder. Das Bike auf dem Rücken quere ich dann Weglos ca. 300 Meter über ein Geröllfeld hinüber zum Speichersee bei Corn Diavolezza. Dort kann ich dann aufsitzen. Ich fahre auf der Skipiste auf Schotterstrasse hinunter zum Lej Diavolezza. Diese Strecke ist problemlos machbar, teilweise etwas steil und zwischendurch mit grobem Schotter durchsetzt, alles durchgehend fahrbar. Ich folge nach dem Lej Diavolezza See weitere 400 Meter der Piste. Dann biege ich rechts in den Wanderweg ab. Der folgende Wanderweg ist ein Trail wie ich Sie liebe. Technischer Singletrail mit fahrbaren Stufen aber auch vielen einfacheren Abschnitten und fahrbaren Kurven. Weiter unten treffe ich wieder auf die Schotter-Piste. Tauche aber sofort wieder links in den Trail ein, der runterführt nach Bernina Suot. Oben eher recht schwierig, wird der Trail weiter unten einfacher. Ganz unten dann kurvig. Im niederen Wald der unvermittelt aufhört fahre ich bis Bernina Suot. Alleine dieser Trail, ab dem Diavolezza See bis hier runter nach Bernina Suot, lohnt den Aufstieg. Ich bin begeistert. Jetzt fahre ich noch den leicht ansteigenden Trail bis zur Talstation Bernina Diavolezza zurück.
Fazit:
Trotz etwas mehr als ca. 2 Stunden Tragen und Schieben - Diese Tour ist für mich ein absolutes Highlight - ein Volltreffer. Das Panorama an der Diavolezza begeistert. Die anspruchsvolle Singletrail Abfahrt ist ein wahres Sahnestückchen, wenn die entsprechende Technik vorhanden ist.
RedOrbiter
21. September 2010