ALPEN BIKE VI
Unsere jährliche  Alpentour
mit dem  MountainMountainbikeBike
Graubünden

Die Graubündener Runde“

 

287 Km

9161 Hm

Vom 02.08. bis 07.08.1999

Klosters – Weißfluhjoch – Arosa – Churer Joch – Lenzerheide/Valbella – Obermutten – Via Mala – Forcellina-Paß – Septimerpaß – Malojapaß – St.Moritz – Albulapaß – Bergün – Sertig-Paß – Davos - Kloster

Das Team:

Harry, Andreas, Gerd, Rein­hard und unser Newcomer Hans-Jürgen (Er hat die „Kü­chenbuf­fet“-Auszeich­nung von Gerd übernommen: Am Vorabend der Tour beim Packen bringt Hans-Jürgen‘s Rucksack 16 Kilo auf die Waage!)

Vorbereitungen:

Unsere gemeinsamen Unter­nehmungen per Bike könnte man nach dem Motto „das Wetter hält uns nicht vom Biken ab“ oder auch „Augen zu und durch...“ bezeichnen.

Bereits der erste Gipfelsturm dieser Saison im Mai auf das Brünnstein­haus ver­langte schon erhebliches Durchhaltevermögen. Zahlreiche Schneefelder, Nebel, feuchte Socken und Dauer­regen am letzten Tag stählten uns für alles was da noch kommen sollte.

Das näch­ste Kapitel im Karwendel konnte ebenfalls in diese Rubrik eingeheftet werden. Dauerregen, Lawinenfelder und die obli­gatori­schen Hüttenschnarcher stellten die einzelnen Teammit­glieder auf un­terschiedlich harte Proben.

Unser „Newcomer“ Hans-Jürgen hat späte­stens bei seinem ersten Trial-Down­hill in den Alpen be­merkt, daß er nicht im Fürther Stadtpark unter­wegs war, als er ganz galant mit den Knien bremste. Reinhard fand’s ganz toll (endlich mal nicht er selbst) und zückte gleich den Foto, Gerd meinte nur ganz lapidar zu Hans-Jürgen „Fahr nie in der Spur von Andreas...“.

Der letzte gemeinsame Ausritt vor der Tour schließlich, mit Frauen­beteiligung am Tegernsee, konnte erstmals ohne die berühmt-be­rüchtigte Gummikleidung absolviert werden und machte uns trotz eines kleineren „Powerslides mit Abgang“ von Harry richtig Geschmack auf eine Alpentour.

Am 1.August machten wir uns dann endlich auf den Weg ins schweizerische Klo­sters, dem diesjährigen Startpunkt unserer Tour. Bereits auf dem Hinweg trübte sich wieder mal der Himmel (was sonst). Gegen Abend setzte dann strömender Re­gen ein. Wir saßen bei Pizza, Nudeln, Dole und Bier zusammen und schmiedeten die Pläne für die nächsten Tage. Ein obligatorischer Grappa in der Hotelbar und die „Kurven“ der Bedienung ließen trotz schlechten Wetters die Herzen höher schlagen. Dann ermunterte uns auch noch Wolfgang Petry mit seinen Songs: „...Augen zu und durch...“ „...Ich hab lang noch nicht genug...“ „...Jetzt ist Schluß mit Lustig...“

Diese Songs trugen dazu bei, daß wir bei jeder passenden oder unpassenden Si­tuation am Berg an diese Strophen erinnert werden sollten, zumindest für eine Wo­che lang „...das ist Wahnsinn...“:


1.Tag:

Klosters - Weißfluhjoch - Strelapass – Dörfli - Langwies – Arosa

...auf den Spuren der Graubündener Skiroute

Fahrdaten:

km: 40

Hm: 1980

Tourzeit: 8.15 h*

*incl. Pausen

Æ km/h: 8,3

max. km/h: 60

max. H.: 2640 m

Weißfluhjoch

Klosters - Weißfluhjoch - Strelapass – Dörfli - Langwies – Arosa

 

Nach strömendem Regen am Vorabend begrüßt uns am ersten Tag unserer Tour blauer Himmel. Vom Sporthotel aus haben wir einen super Blick zum gegenüber­liegenden Gotschnagrat. Die prächtigen Felswände dahinter machen uns nicht ge­rade Mut: Wir müssen heute noch ca. 200hm höher als diese Klötze...

Der Start verzögert sich zwar etwas, da noch diverse Einstellarbeiten an den Bikes nötig sind (Federgabel etc.), doch dann geht´s los durch Klosters in Richtung Got­schnagratbahn. Von dort wollen wir zunächst hoch zum Serneuser Schwendi. Es dauert nicht lange, dann werden schon die ersten Fleeceoberteile abgelegt. Wir haben diesmal Glück, es wird ein warmer Tag. Der Weg zieht sich zunächst mit kaum merklicher Steigung teils im Schatten aber mit vielen sonnigen Abschnitten am Waldrand hoch. Obwohl keine technischen Schwierigkeiten vorhanden sind, ist Gerti offenbar am meisten von der Madrisa und den umliegenden Massiven abge­lenkt, weil er bei km 8 einen Absitzer auf die linke Backe vorführt.

Wir kommen gut voran und die ersten 500 Hm können wir lässig abspulen. Erst als wir die Gondel­bahn vom Conterser Schwendi zum Weißfluhjoch kreuzen wird´s mäch­tig steil und bald auch nicht mehr fahrbar. Wir sind aber trotzdem po­sitiv überrascht, da wir immerhin bereits bis zu einer Höhe von rd. 2100 m gefahren sind. Wir schinden uns kräftig beim Schieben und Reinhard grummelt wie immer beim Schieben, ihm wär‘ Asphalt halt immer am liebsten.

Am Kreuzweg machen wir dann un­sere erste größere Pause, setzen uns auf die windabgewandte Seite des runden Steinhauses und er­leich­tern unsere Rucksäcke um die er­sten Riegel. Von hier können wir den Nordhang des Weißfluhgipfels in nahezu allen Einzelheiten erken­nen. Diejenigen, die ihn im Winter in stiebendem Pulver schon ge­fah­ren sind, haben ein besonderes Verhältnis dazu und erklären auch den anderen, wie man am besten mit den Skiern in diesen „Traum­hang“ hineinfährt.

Wir folgen nun dem Skihang, der im Sommer als Downhillstrecke für Mountain­biker ausgewiesen ist. Schon von weitem erkennen wir, daß wir mitten durch Schneefelder hindurch müssen. Als wir diese dann erreichen, müssen wir feststel­len, daß die Schneewände bis ca. 1,50m hoch sind. Mitten durch und auf losem Schotter arbeiten wir uns langsam höher. Der Weg ist steil, doch jeder findet seinen Tritt und läßt sich nicht aus der Ruhe bringen.

So gegen Mittag, nach rd. 4 ¼ Std. incl. Pausen, erreichen wir dann das Weißfluh­joch und gönnen uns eine Pause in der Sonne. Jeder wechselt sein völlig durchge­schwitztes Radhemd. Wir sitzen entspannt auf Holzbänken, essen wieder mal un­sere „kleinen Steaks“ und jeder von uns weiß, daß wir den schwierigsten Teil der heutigen Etappe hinter uns haben.

Anschließend geht´s los zum Downhill auf den Strelapass. Der Weg erweist sich als sehr anspruchvoll, ein Wanderpfad mit losem Geröll und für Trialfans gerade noch fahrbar. Bald erreichen wir das erste landschaftliche Highlight. Die Tunnels kurz vorm Strelapaß erinnern an Wegabschnitte am Garda­see und Passubio. Wir sind begeistert und schießen mehrere Fotos. In der Hütte am Paß gibt´s dann eine warme Suppe und Engadiner Würste gegen den Hunger.

Arosa Arosa Werbeplakat von 1933

Der Abstieg gestaltet sich, wie schon aufgrund des Kar­tenstudiums zu erwarten war, als Schiebepassage. Schließlich erreichen wir den Talgrund des Sapün. Nach der Brücke ist der Weg dann wieder fahrbar. Wir heizen hinunter am Berghaus Heimeli vorbei bis Dörfli, stoppen hier kurz und schauen uns das nette Dorf etwas genauer an. Kaum fahren wir weiter, haben wir schon unsere erste Panne. Andreas hat am Hinterrad einen Plat­ten. Auf ei­ner Wiese packen wir Werkzeug aus, Gerd nutzt diese Gelegenheit gleich um seine Bremsen neu zu justieren und Hans-Jürgen kämpft mit den le­bendigen Bremsen.

Kurz vor Langwies geht es dann die Teerstraße nach Arosa hoch. Mittlerweile ha­ben wir doch schon rd. 1600 Hm in den Oberschenkeln. Bei der Auffahrt zieht es ganz schön in den Bei­nen. Nach einer kurzen Runde im Ort finden wir dann auch noch ein schönes Cafe am Obersee in Arosa. Bei Cappuccino und klasse Apriko­senkuchen lassen wir den ersten Tag in der Sonne ausklingen. Das Abendessen im Hotel gestaltet sich für Hans-Jürgen vor allem reichhaltig (2x Nudeln und zum Nachtisch Nudeln), was uns alle dazu ermuntert zu einer Verdauungsrunde im Ort aufzubrechen und die Grappa Bar zu „überfallen“.

 

2.Tag:

Arosa - Ochsenalp - Churer Joch - - Parpan – Lenzerheide/Valbella

...weiter auf den Spuren der Graubündener Skiroute

Fahrdaten:

km: 33,9

Hm: 992

Tourzeit: 6.54 h.*

*incl. Pausen

Æ km/h: 10,3

max. km/h: 63,5

max. H.: 2030m

Churer Joch

Arosa - Ochsenalp - Churer Joch - - Parpan – Lenzerheide/Valbella

 

Strahlender Sonnenschein und klarer Blick zum Weißhorn, so empfängt uns der Morgen in Arosa. Nach einem üppigen Frühstücksbuffet starten wir in Richtung Bahnhof, von wo wir uns erst einmal orientieren. Zunächst bleiben wir auf der Teerstraße in Richtung Maran, die sich an einer Linkskurve in eine Schotterpiste verwandelt. An mehreren Wegweisern vorbei halten wir uns Richtung Ochsenalp. Leider zieht der Himmel immer mehr zu und es beginnt leicht zu regnen. Als es immer mehr zunimmt, hört man Andreas deftig fluchen. Schließlich macht er keine halben Sachen, verpaßt sich die Gore-Abteilung von Kopf bis Fuß, murmelt dabei etwas von „...einregnen...“ schwingt sich wieder aufs Rad und läßt auf der Weiter­fahrt keine Pfütze aus.

Der Ausblick heute ist wirklich nicht besonders umwerfend. Zwischen einzelnen Wolkenfetzen erkennen wir kurz einmal Chur, daß einige hundert Meter unter uns liegt. Das Wetter hat aber weder an Laune noch an Kondition gezehrt: Bei einer Rast schwingt Gerd die Axt und hackt Holz, wir feuern ihn mit dummen Kommen­taren an und Andreas zückt sofort den Foto und hält dieses Schauspiel fest.

In leichtem Regen setzen wir unsere Fahrt fort. Nach schönem Downhill bis kurz vor Tschiertschen müssen wir uns die vernichteten Höhenmeter zunächst bis Farur auf der Teerstraße wieder er­kämpfen. Die Regenklamotten haben wir mitt­lerweile auf der schweißtreibenden Hochfahrt wieder abgelegt. Die Mittagspause legen wir dann kurz vor dem Churer Joch im Berggasthof Hühnerkopf ein. Die durchnäßten Klamotten hängen auf sämtlichen Stühlen herum, so daß kaum an­dere Leute in der Nähe unseres Tisches Platz finden. Richtig klamm ist es uns, als wir nach unserem Mittagsessen die Hütte wieder verlassen.

Es geht auf einem verblockten Trial steil hoch in Richtung Churer Joch. Schließlich haben wir eine Höhe von 2000m erreicht und der Weg führt nun am Berghang ent­lang in viel Geröll und verblocktem Gelände zum Churer Joch. Diese Schiebe­strecke zieht sich ca. 40 Minuten hin. Das Wetter bessert sich langsam, die Sonne kommt durch und der obligatorische Fototermin ist sogleich angesagt. Beim an­schließend steilem Downhill auf losem Schotter rauschen wir dann hinunter Rich­tung Lenzerheide. Der warme Wind und der Duft nach Heu lassen das Bergpan­orama um uns herum noch schöner wirken.

In Valbella finden wir dann ein schönes Hotel mit Sauna direkt neben der Rot­hornbahn. Wir lassen den späten Nachmittag im Naßbereich mit Whirpool und Sauna ausklingen.

 

3. Tag:

Lenzerheide - Alvaschein - Obermutten - Viamala - -Außerferrera

... über das „Dach“ der Hinterheintäler zur geschichtsträchtigen Via Mala

Fahrdaten:

km: 51,9

Hm: 1684

Tourzeit: 9.48 h.*

*incl. Pausen

Æ km/h: 10,5

max. km/h: 64

max. H.: 1895

Obermutten

Lenzerheide - Alvaschein - Obermutten - Viamala - -Außerferrera
 

In der kühlen Brise am Morgen gehts zunächst recht flott auf Teer bis Lenz, wo dann die Orientierung doch nicht so einfach ist. Wo bitte geht`s denn jetzt weiter nach Alvaschein? Der Weg an der Kirche vorbei verläuft recht abenteuerlich. Er ist zunächst recht steil: Hopla, da kommt doch schon wieder der Rucksack von hinten... Dann kommt noch dichtes Gebüsch dazu. Alles in allem ein anständiger, anspruchsvoller Trial. Irgendwann raschelt es dann, ein kurzer Schrei: Andreas hat sich in ein Dornengebüsch gesetzt. Der Weg verläuft so abenteuerlich, daß wir be­reits am frühen Morgen verschwitzte Trikots haben, obwohl wir noch keinen Berg gefahren sind. Intensives Kartenstudium führt dann dazu, daß wir auf dem alten Tunnelweg die Hauptstraße nach Calabria umgehen.

Die sehenswerten Felstunnels belohnen uns für die Anstrengung. Hier ist schon lange kein Mensch mehr gewesen. Die Natur hat sich in den letzten 50 Jahren so ziemlich alles zurückgeholt. Dann aber schließlich ist „...Schluß mit Lustig...“: Ein nahezu verschütteter Tunnel am Abgrund verhindert die Weiterfahrt. Meterhohe Geröllmassen auf dem Tunnel und nur eine winzige Öffnung am Eingang noch frei, kaum Platz genug um durchzukriechen. Rechts von uns geht es 200m in den Ab­grund, vor uns hat sich ein kleiner Bach in den Hang gegraben und links bestünde die Möglichkeit den Steilhang seitlich des Geröllkegels zu erklimmen und somit den Tunnel zu umgehen. Nachdem dieser Versuch jedoch mangels Trittsicherheit scheitert, versucht Hans-Jürgen (den, der am besten steht beißen die Hunde..) in den Tunnel zu klettern, um zu sehen, ob am anderen Ende überhaupt ein Weiter­kommen ist. Oder ist die Öffnung auch dort verschüttet? Kurze Zeit später grinst er durch die Öffnung und gibt Signal, daß wir durch können.

Der Einstieg in den Tunnel gestaltet sich ziemlich alpin. Bikes und Rucksäcke wer­den über Geröll und herabfließendes Wasser hinübergereicht. Der Einstieg ist die reinste Kletterpartie auf losem Gestein. Drüben geht‘s dann problemlos weiter. Die kurze Wegstrecke hat uns allerdings enorm viel Zeit gekostet. Deshalb stärken wir uns erst mal mit Riegel und etwas zu trinken, bevor wir uns den in Serpentinen verlaufenden Weg nach Mutten vornehmen. Der Weg verläuft auf einer Straße mit undefinierbarem Untergrund mit einer stetigen Steigung mit mindestens 16 bis 18%. Die zunehmende Hitze setzt uns so zu, daß wir auf dem Weg hinauf zwi­schendurch sogar unsere tropfnassen Trikots wechseln müssen. Hans-Jürgen win­det öfter mal sein Stirnband aus, Reinhard geht „oben ohne“.

Am Brunnen in Mutten wartet Andreas und ein 80 jähriger Greis auf uns, der uns aufklärt, dass der vermeintliche Postbus – kann ja gar nicht so steil sein, wenn hier ein Postbus fährt – ein Allrad VW-Bus ist, der nur auf Bestellung kommt. Kaltes klares Brunnenwasser füllt die leergesaugten Trinkflaschen und die letzten Hö­henmeter bis Obermutten sind ein wenig später auch geschafft! Oben ange­kommen gibt´s dann nach dem obligatorischen Fototermin auch die wohlverdiente Pause. Im Schatten bei kühlem Wind und frischen Getränken erholen wir uns von der strapa­ziösen Auffahrt.

Nach unserer Mittagspause erwartet uns zunächst eine kurze Schiebe­strecke mit kleinen Kletter- und Tragestücken. Dann aber haben wir einen tollen langen Down­hill bis Foppa vor uns. Kurz davor, in nahezu idyllischer „Ruhe“ (eine Brücke wird gerade betoniert), haben wir den 2. Platten unsere Tour. Diesmal hat´s Hans-Jürgen erwischt. Und jetzt auch noch der Ärger mit dem französischen Ventil! Andreas flippt aus, weil seine Pumpe kaputt gegangen ist und schmeißt sie rücklings ins Gebüsch. Wenn jetzt auch noch Gerti’s Pumpe draufgeht haben wir ein Problem.

Doch es ist geschafft, halb taub fahren wir weiter Richtung Viamala-Schlucht. Wir sind begeistert über den Flußlauf durch das felsige Gestein und lassen es uns nicht nehmen, in die Schlucht hinabzusteigen. Nach einem Eis am Kiosk geht`s weiter auf der heißen Teerstraße bis Andeer. Viele hübsche Bedienungen sausen vor den Hotels und Gasthöfen herum, aber alle außer Harry wollen unbedingt weiter in das Ferrera-Tal hinein. Aus rationalen Gründen verständlich, da wir am nächsten Tag eine schwere Etappe ins Engadin vor uns haben.

Der Himmel verdunkelt sich langsam, es wird kühler und kurz vor Außerfer­rera setzt dann noch Regen ein. Wir rasten dort zunächst in dem einzigen Gasthof im Ort, trinken erst einmal ein Bierchen und beratschlagen dann über unser Bleibe diese Nacht. Es stellt sich heraus, daß es mit unseren Wahlmöglichkeiten nicht weit her ist. Wir haben die Alternative, entweder nach Andeer zurück zu fahren oder in einem Bett zu dritt zu schlafen. Nach Bettentest steht dann auch schon die Entscheidung fest: Die „Schnarcher“ Gerd und Harry werden sinnigerweise auf beide Zimmer verteilt, Andreas legt sich in den Spalt zwischen Harry und Reinhard, aber nur unter der Be­dingung, daß nicht gekuschelt wird. „Langbein“ Hans-Jürgen darf Gerd beim schnarchen zuhören, hat aber dafür ein Bett, daß länger als bis zu seinen Knien geht.

Abends in der Wirtsstube gibt es dann die Sachen, die hungrige Bikerherzen höher schlagen lassen. Nein leider keine fesche Bedienung, sondern Fisch, Steaks und Mistkratzerli, alles in der „500gr Abteilung“ mit viel Kohlehydraten, Bier und ein paar kleinen Williams dazu.

 

4. Tag:

Außerferrera -– Juf – Forcellina – Septimerpass - Casaccia

...über die alten Römerwege ins Engadin

Fahrdaten:

km: 47,5

Hm: 1570

Tourzeit: 8.15 h.*

*incl. Pausen

Æ km/h: 10,6

max. km/h: 53,5

max. H.: 2672 m

Forcellina

Außerferrera -– Juf – Forcellina – Septimerpass - Casaccia
 

Nach heftigen Regenfällen in der Nacht und magerem Frühstück am Morgen ist die Straße nach Juf am Morgen gut abgetrocknet. Die Land­schaft ringsum erinnert uns an einige schöne Ecken im Karwendel mit grünen Wiesen und grauem Fels, dazwischen ein Bachlauf mit kleinen Felsterrassen durchsetzt. In Juf sind dann unsere Trinkvorräte wieder erschöpft. Am dortigem Brunnen wird für Nachschub gesorgt. Im ein­zigen Kramerladen am Ort gibt´s Ba­nanen und Schokolade zur Stärkung. Im letzten Gasthof vor dem Passanstieg gön­nen wir uns dann unsere wohlver­diente Mittagpause. Die Wirtsleute sind typisch „Bus-freundlich“ und neh­men nur widerwillig unsere Bestellung auf. Am Neben­tisch unterhalten wir uns mit zwei Radfahrern, die aus Andeer hierauf gekommen sind. Sie pro­phezeien uns schon anstrengende Tragestücke. Wir lassen uns aber nicht abschrecken, da wir unser Streckenprofil kennen und wissen, was uns er­wartet.

Bis zu einer Höhe von ca. 2160m ist die Strecke ins Hochtal sogar noch fahrbar, ab dann heißt es schieben und teilweise tragen über das stark ver­blockte und extrem steile Gelände. Der Wanderpfad windet sich in sehr stei­len Kehren stetig in Rich­tung Steinwüste. „Scheich“ Hans-Jürgen legt seine obligatorische Kopfbedeckung an, murmelt was von „...Andreas liebt kleine gestrichelte Linien...“ und wir schwitzen ohne Ende der Passhöhe auf knapp 2700m Höhe entgegen.

Der Forcellina-Pass verlangt uns schon viel ab. Kurz vor der Passhöhe steht dann sogar nochmal eine Kletterpartie für „Trittsichere“ an. Das Rad schul­tern und dann hoffentlich das Gleichgewicht halten und am Fels hoch. Oben angekommen haben wir einen weiten Blick ins Engadin, der allerdings durch zahlreiche Wolken etwas getrübt ist.

Auf der anderen Seite ist der Pass leider auch nicht fahrbar. Wir schieben zu­nächst die ersten hundert Meter nach unten. Weiter unten kommen wir dann auf einen alten Römerweg – den Septimerpass - , der teils aufwendig restauriert wurde und mit großen Gesteinsbrocken durchsetzt ist. Die Fe­dergabeln der Bikes haben ganze Arbeit zu leisten. Eine alte Steinbrücke wurde wieder aufgebaut. Wir schießen tolle Actionfotos am abwärtstobenden Fluß und an der Brücke. Das En­gadin empfängt uns schließlich mit blumenbeladenen Wiesen und Sonnenschein. Das letzte Stück bis Cassaccia am Fuß vom Malojapass heizen wir auf Schotter talwärts und bei dem ersten Gasthof gönnen wir uns zunächst einmal Kaffee und Kuchen.

Dort beratschlagen wir dann auch, ob es heute noch weiter geht. Nach der anstrengenden Passüber­que­rung kann sich kaum einer mo­ti­vieren, den Malojapass hochzu­ziehen, nur Gerd würde sich gerne noch ein paar Höhenmeter in die Waden pumpen. Zudem hat An­dreas auch noch einen defekten Schlauch, der unbedingt gewechselt werden muß. Da nur noch ein 3-er und zwei Einzelzimmer zu haben sind, losen wir wieder mal aus, wer wohin geht. Wir verbringen einen gemütlichen Abend im Gast­haus, die Wirtin bereitet uns extra ein Menü aus Bündner Nudel­speziali­täten. Hans-Jürgen scheint an die­sem Tag wieder mal besonders aus­gebrannt zu sein. Er bestellt sich zum Nachtisch noch eine Portion Spa­getti mit Tomatensoße und fri­schem Parmesan (was sonst?!).

 

5. Tag:

Cassaccia - Malojapass - St. Moritz - La Punt - Albulapass - Bergün

...die bekannten Bikepässe im Oberengadin

Fahrdaten:

km: 62,6

Hm: 1285

Tourzeit: 8.15 h.*

*incl. Pausen

Æ km/h: 14,3

max. km/h: 64

max. H.: 2.315

Albulapass

Cassaccia - Malojapass - St. Moritz - La Punt - Albulapass - Bergün
 

Die Wolken hängen am Morgen tief herunter und auch die Straße ist naß vom stetigen Regen über Nacht. Wir lassen uns davon nicht beeindrucken, denn der Temperaturpegel ist schon sehr angenehm. Wir starten durch und schaffen die rd. 350Hm bis zur Passhöhe des Maloja in knapp einer Stunde.

Am Silser See wird dann die Orientierung etwas schwierig. Wir finden zu­nächst den Weg am See entlang Richtung Isola, allerdings entwickelt sich der in der Karte bereits als gestrichelt eingetragene Weg dann als reiner Wanderpfad am Hochufer des Sees entlang. Wir schieben mehr als wir fah­ren. Angesichts der heutigen langen Etappe ist das für uns nicht zu akzep­tieren. Wir entschließen uns deshalb, ab Sils die Straße Richtung St. Moritz zu nehmen. Auf der Uferstraße bei Sils werden dann die hübschen Spazier­gängerinnen begut­achtet („Harry Aus“) und wir fragen uns – wie im­mer auf unseren Touren - ob wir in unserem verdreckten und verschwitzen Outfit so die große Bereicherung für die Mädels wären.
St. Moritz St.Moritz Werbeplakat 1927
Leider hängen die Wolken sehr tief. Wir erken­nen die umliegenden Gipfel kaum. Einmal zwi­schen Wolken­fetzen machen wir den Corvatsch aus. Im vollge­stopften St. Moritz kämpfen wir uns zwi­schen Autos und den schicken Reichen dieser Welt hindurch zur Straße entlang der Olympia-Bobbahn Richtung Samedan.

Von dort geht´s zu­nächst am Flughafen entlang, dann im Wald auf und ab bis Bever. Bereits dort haben wir durch das ständige auf und ab 590 Hm „verbraten“. Über Feldwege geht es weiter bis La Punt. Am Ortausgang biegen wir vor dem An­stieg Al­bula­pass in ein Restaurant ein und stärken uns dort mit Penne Arabiata. Hans-Jürgen be­stellt zur Freude aller wieder mal Parmesan nach. Dann geht`s wieder zur Sache. Es liegen ca. 700 Hm Anstieg vor uns. Nachdem wir rd. 350 Hm ab­ge­spult haben, gönnen wir uns eine Pause am Stra­ßenrand. Riegel, Gato­rate und Isostar bringen verbrauchte Energie zurück. Ein Rennradler aus Köln pausiert mit uns und wird anschließend für’s Foto „gejagt“.

Die Wolken reißen auf, die Sonne kommt durch und unser „Scheich“ Hans-Jürgen führt die Truppe hoch zum Albulapass. Kurz da­vor erkennen wir noch die Über­reste einer Straße, die in einem Lawinen­feld begraben liegt. Im Restau­rant an der Passhöhe las­sen wir uns Milchkaffee mit Ku­chen schmecken. Wir sind wieder zurück im Prättigau. In der Sonne sitzend genießen wir die Aussicht auf die umliegen­den Felsriesen. Kurz vor dem Down­hill machen wir noch Bilder vor einem Schild mit der Passhöhen­angabe. Die Straße zieht sich schier endlos hin­unter bis Bergün. Endlich ist Reinhard in seinem Dowhill Element. Asphalt ist die beste Grundlage für „Maxspeed“ à la Rein­hard. Immer wieder flie­gen herrliche Felspassagen und Schluchten an uns vorbei. Zahllose waghalsige Brücken und Schleifen der Albulabahn säumen diese Bilder­buch Landschaft, viel reizvoller als die andere Passseite.

Gleich beim ersten Hotel in Bergün ziehen wir kräftig an den Bremsen und biegen ein. Dort gibt`s dann gleich das wohlverdiente Bier im Sonnenschein auf der Ter­rasse. Dann ab ins Schwimm­bad und anschließend noch in die Sauna. Beim Treppensteigen spüren wir nun auch, daß wir bereits 7300 Hm in den Schenkeln haben. Abends lassen nochmal einige Leckereien der Speisekarte auffah­ren und plauschen mit den Tischnach­barn über deren Tour. Sie sind mit den Rennrädern unterwegs, haben auch schon einige Höhenmeter in den Beinen, wie wir an ihrer „Gangart“ beobachten können.

 

6. Tag:

Bergün - Chants - Sertigpass - Mühle - Davos - Wolfgang - Klosters

...über alte Schmugglerpfade zurück ins Prättigau

Fahrdaten:

km: 50,8

Hm: 1650

Tourzeit: 9.52 h.*

*incl. Pausen

Æ km/h: 9,5

max. km/h: 68

max. H.: 2.739

Sertigpass

(höchster Punkt der Tour)

Bergün - Chants - Sertigpass - Mühle - Davos - Wolfgang - Klosters
 

Am nächsten Morgen sind die umliegenden Berge wolkenverhangen und es regnet in Strömen. Für uns stellt sich nun die große Frage was tun? Bei diesen Verhält­nissen im steilsten und unwegsamsten Gelände über den höchsten Pass der Tour? Unsere Tischnachbarn vom Vorabend entschließen sich per Zug zurück an den Bo­densee zu fahren. Wir lassen uns nicht so schnell entmutigen und klügeln eine vernüftige Alternative aus. Nach dem üppigen Frühstück warten wir noch gut eine Stunde und brechen dann auf in Richtung Chants, wenn sich dann das Wetter nicht bessert, wollen wir umkehren und den Zug Richtung Davos nehmen.

Kaum sind wir dann ein paar Meter gefahren, zischt auch schon der erste Reifen, Harry hat sich sein Vorderadventil abgerissen. Die lange „Wartezeit“ nach dem Frühstück und die Panne haben uns zwar viel Zeit gekostet, aber kaum haben wir den Schaden behoben, reißen schon die Wolken auf und wir fahren in strahlendem Sonnenschein am tosenden Ava da Tuors durch ein wunderschönes Tal bis Chants. Dort kehren wir in ein uriges Wirtshaus ein, das anscheinend nur Mutter und Tochter bewirtschaften. Die beiden müssen uns schon angesehen haben, daß wir noch viel vorhaben. Sie bieten uns gleich Boullion mit Ei an. Wir sitzen nun in der heißen Mittagssonne unter Schirmen, genießen unser Essen und freuen uns auf die letzte Herausforderung.

Nach dem Wirtshaus im Val de Ravais-ch sind kurze Abschnitte fahrbar und dann ist wieder mal schieben angesagt. Später kommen dann noch größere Schneefelder hinzu. Hier fließt der Schweiß in Strömen: entweder schieben oder tragen und zu allem Überfluß ruscht man auf dem Sulzschnee auch noch dauernd weg. Dazu kommt das reflektierende Sonnenlicht, trotz Sonnencreme mit hohem Lichtschutz­faktor wird unsere Haut auf dieser Etappe „gezeichnet“. Kurz vor dem Lai-da-Ravais-ch auf 2.500 m rasten wir nochmal auf einer Bergwiese, genießen den Ausblick zu der Bergkette des Albula mit der höchsten Erhebung des Piz Üertsch (3.268m). Danach geht`s dann wirklich nochmal stramm nach oben und frei nach dem Motto „...kurz aber heftig...“ erreichen wir schon bald den höchsten Punkt der Tour mit 2.739m und Hans-Jürgen murmelt wieder was von gestrichelten Linien. Vom Sertigpass aus haben wir einen klaren Blick zum gegenüberliegenden Piz Kesch (3.418 m), der unser Auge wegen eines wilden Gletscherbruches in seinen Bann zieht.

Wir verweilen eine ganze Zeit am Pass, machen mit dem Selbstauslöser unser Gruppenfoto fürs Titelbild und lassen uns die Bergluft um die Nasen wehen Es ist grandios hier oben und auch wenn‘s hier oben keiner glauben mag, die Bikes stehen gleich neben uns....

Davos

 

Wir sind alle glücklich und zufrieden, zusammen eine traumhafte Bikewoche mit grandiosen landschaftlichen Highlights verbracht zu haben und freuen uns auf das nächste Abenteuer...

Harry Slapnik, Andreas Breuer

   
   
   
   

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